Der Zug ist eigentlich schon wieder abgefahren, aber man redet bei Mitarbeitern häufig von "T-Shaped", damit gemeint ist, dass Mitarbeiter idealerweise ein mehr oder weniger breites Grundwissen (die Fläche des waagerechten Balkens vom T) mit einer Spezialisierung (der Fläche im senkrechte Balken) mitbringen.
Eine gute Einführung in das Thema bietet der Artikel T-Shaped Profil: Skills, Vorteile & Tipps aus der Karrierebibel. Im Vortrag von Sujeevan, Jörg und mir zum Thema Warum man nicht in der IT arbeiten sollte und warum wir es trotzdem tun gehe ich auch kurz darauf ein.
Nur kurz zu den gängigen Typen der Shaped People: i-Shaped sind die klassischen Fachidioten, Pi-Shaped oder M-Shaped sind Leute mit mehreren Schwerpunkten, bei X-Shaped kreuzen sich Fachwissen und Führungswissen.
Etwas, was zu diesem Modell nie – ich kenne zumindest keine Artikel dazu – geschrieben wird, ist, dass je breiter die Querbalken sind, desto weniger ausgeprägt ist die Spezialisierung. Vielleicht kommt da das Modell auch einfach an seine Grenzen.
Anmerkung am Rande: Ich bin weder Hirnforscher noch Neurobiologe, das folgende ist nur ein Denkmodell.
Als früherer Rollenspieler (Pen und Paper Rollenspiel) erkläre ich mir das so:
Jeder Mensch hat nur begrenzt Wissen oder Aufnahmekapazität zur Verfügung, ja, ich weiss, die Grenzen sind sehr gross und wir alle nutzen nur einen Bruchteil unseres Gehirns. Aus diesem Grund beschränke ich mich einmal auf aktives Wissen, was man direkt benutzen kann, wenn man es braucht und nicht passives Wissen, was man kaum aus dem "Gehirn-Keller" hervorholen kann.
Nehmen wir an das aktive Fachwissen würde in Prozent-Punkten ausgedrückt. Zu Beginn unserer Berufslaufbahn liegen wir bei 100 und im Laufe des Lebens kommen weitere Erfahrungspunkte dazu, vielleicht pro Jahr bis zu fünf, um einmal eine Grössenordnung zu haben. Wissen, das nicht gebraucht wird, wandert vom aktiven in den passiven Teil des Hirns. Aber, da wir neues Wissen an bestehendes Wissen "andocken" können, wird die Menge stetig grösser.
Grundlagenwissen schadet ja nie, daher ist es durchaus einen gut gefüllten Querbalken zu haben. Sagen wir einmal, wir investierten rund 50 Punkte in Grundlagenwissen. Dann bleiben noch 50 Punkte für die Spezialisierung, T-Shaped Personen haben 50 Punkte in einer Spezialisierung und Pi-Shaped vielleicht 45 im Grundlagenwissen und 30 bzw. 25 Punkte in den beiden Spezialgebieten. Es geht also nicht mehr ganz so weit in die Tiefe und noch einmal angemerkt, es geht um aktives Wissen.
Jetzt ist die Frage, was man mit dieser Erkenntnis macht.
Je mehr Aufgabengebiete von einer Person erwartet werden, desto kleiner werden die Spezialisierungen bis man vielleicht zu dem Punkt kommt, dass man nur noch einen sehr breiten Querbalken hat.
Das ist der Punkt, an dem im englischsprachigen Raum vom "Jack of all trades, master of none." gesprochen wird. Nebenbemerkung, ChatGPT übersetzt das mit "Jeder Hans kann's, keiner kann's richtig." Ich kann keine direkte Übersetzung dafür finden, die ich für sinnvoll halte, aber die Idee ist klar. Wenn man alles macht, hat man kein Spezialwissen. Das ist keiner Weise schlimm, es gibt durchaus Berufsbilder, in denen die Breite des Grundlagenwissens entscheidend ist.
Für mich interessante Aufgaben bekomme ich aber nur, wenn ich mich spezialisiere und gut werden in meinem Spezialgebiet, vielleicht mit einer oder zwei Ausprägungen.
Wie seht Ihr das? Wo sind die Schwachpunkte des Modells – ausser, dass es sehr linear ist?
Ich freue mich auf Euer Feedback.