Nicht alle Entscheidungen sind so einfach wie die Wahl des gerade passenden Durstlöschers. Gerade Entscheidungen, die unser Leben massiv beeinflussen, wollen gut überlegt und vernünftig abgewogen werden.
Eine hilfreiche Methode, den Entscheidungsprozess zu unterstützen habe ich im lesenswerten
IT-Karrierehandbuch von
Martina Diel (hier die
berufliche Homepage) gefunden. Dort adoptierte sie die
Entscheidungsmatrix (Excel, meine LibreOffice-Datei ist weiter unten verlinkt) von
Andreas T. Schaffron (Webseite unter schaffron.net noch im Aufbau). Beide haben mir erlaubt, das Thema hier im Blog aufzuarbeiten.
Danke!
Die Idee dahinter ist ebenso einfach wie brillant.
Martina zeigt das Verfahren in ihrem Buch, um Jobangebote zu vergleichen und den richtigen Job zu finden. Das Verfahren ist aber so allgemein, dass es für beliebige Entscheidungsprozesse verwendet werden kann.
Beispielsweise: Bei welchen Open-Source-Projekt soll ich mich beteiligen? Oder: Soll ich Virtualisierung nutzen, um Dienste auf einen Server zu bringen oder besser den Server als Ganzes verwenden?
Ich spiele das einmal in vereinfachter Art und Weise für "Finden des geeigneten Open-Source-Projektes" durch, um das Prinzip zu verdeutlichen.
Im
ersten Schritt legt man die Kriterien fest, die die Entscheidung beeinflussen. Es ist hilfreich, Kriterien zu verwenden, die sich nicht mit anderen schneiden. "Tolle Community" und "Nette Leute" wären zwei Punkte, die zu ähnlich sind.
Meine Kriterien (im Beispiel) sind:
• Tolle Community
• Interessantes Projekt
• Technische Herausforderung
• Hoher Spassfaktor
Für das Beispiel ist das genug. Hier ist es wichtig zu sehen, dass "Interessantes Projekt" nicht auf die Technik gemünzt ist, sondern beispielsweise auf die Philosophie dahinter oder das, was man mit dem Projekt bewegen kann.
Der
nächste Schritt ist die Feststellung des Gewichtes der Kriterien.
Dazu wird jedes Kriterium mit jedem anderen Kriterium verglichen.
Am einfachsten geht das, wenn man mit den Kriterien eine Tabelle aufbaut. In die Zeilen kommen die Kriterien und in die Spalten auch (schaut Euch dazu einmal die Excel- oder LibreOffice-Tabelle an). Wenn das Kriterium in einer Spalte wichtiger ist als das Kriterium in einer Zeile, kommt eine 1 in das Feld der Tabelle, sonst eine Null. Die ganze Rechenarbeit nimmt die Tabellenkalkulation ab. Ich zeige das hier "von Hand".
Für manche ist das sicherlich hart, aber es gibt kein unentschieden. Das sind die Bewertungen, die ihr wirklich vornehmen müsst, sonst hilft das Verfahren nicht.
Also hier die Einzelergebnisse für "jeder gegen jeden":
Tolle Community - Interessantes Projekt 1:0
Tolle Community - Technische Herausforderung 1:0
Tolle Community - Hoher Spassfaktor 0:1
Interessantes Projekt - Technische Herausforderung 0:1
Interessantes Projekt - Hoher Spassfaktor 0:1
Technische Herausforderung - Hoher Spassfaktor 0:1
Ergebnis:
Hoher Spassfaktor: 3
Tolle Community: 2
Technische Herausforderung: 1
Interessantes Projekt: 0
Ein interessantes Resultat, in diesem Beispiel spielt "Interessantes Projekt" gar keine Rolle, obwohl wir das als Kriterium festgelegt haben.
So, die Vorarbeiten sind erledigt, wir können zum
Vergleich schreiten.
Zur Wahl stehen das "Engagement für das Betriebssystem X" und die Mitarbeit bei einem "Programm Y".
Pro Kriterium dürfen von 1 bis 10 Punkte vergeben werden.
Community X: 9
Interessant X: 3
Herausforderung X: 3
Spassfaktor X: 7
Community Y: 6
Interessant Y: 6
Herausforderung Y: 7
Spassfaktor Y: 9
So, auf zum Endspurt, wir haben Kriterien festgelegt und diese auch gewichtet. Als letztes haben wir "benotet" wie stark die Kriterien auf die Alternativen zutreffen.
Im
letzten Schritt multiplizieren wir die vergebenen Noten mit den Gewichtungen der Kriterien.
Community X: 18
Interessant X: 0
Herausforderung X: 3
Spassfaktor X: 21
Summe X: 42
Community Y: 12
Interessant Y: 0
Herausforderung Y: 7
Spassfaktor Y: 18
Summe Y: 37
Die Entscheidung nach diesem Prozess fällt also für X.
Was ist, wenn sich das alles doof und nach der falschen Entscheidung anfühlt? Dann nimm Y!
Nein, im Ernst, in diesem Fall scheinen nicht alle wichtigen Kriterien in die Entscheidung eingeflossen zu sein. Das können durchaus "Geschmackskriterien" sein wie im obigen Beispiel der Spassfaktor.
Es kann auch sein, dass ein Kriterium dadurch, dass es doppelt aufgenommen wurde ein viel zu hohes Gewicht bekommt ("Tolle Community" - "Nette Leute").
Zuletzt kann es natürlich auch sein, dass beim Vergleich der Kriterien etwas schief gegangen ist. Ohne jetzt jemandem auf den Schlips treten zu wollen, kann es natürlich sein, dass man sich selbst etwas vormacht. Ein klassischer Fall in diesem Beispiel wäre es, die "Technische Herausforderung" höher zu gewichten, weil das von einem technisch orientierten Menschen erwartet wird.
Letzten Endes muss man aber im Hinterkopf behalten, dass das Verfahren nur ein Hilfsmittel ist und kein Gesetz. Es ist erlaubt, mit den Zahlen zu spielen. Alleine die Beschäftigung mit den Kriterien und der Gewichtung kann schon helfen, ein klareres Bild zu bekommen.
Hier ist - wie versprochen - meine
LibreOffice-Datei, sie ist nicht ganz so hübsch wie die von Herrn Schaffron, die ich oben verlinkt habe, aber sie erfüllt Ihren Zweck.
Ich bin in der glücklichen Lage, keinen neuen Job zu brauchen, wenn ich aber einen suchen würde, wären das meine Kriterien:
• Arbeitsort und -Land
• Arbeitsplatz und -Umfeld
• Arbeitszeit und Ausgleich
• Bewertung(ssystem) der Mitarbeiter
• Coolness, Status und Ansehen
• Gefühl
• Gehalt
• Gesellschaftliches Engagement der Firma
• IT-Umgebung
• Image des Unternehmens
• Internationalität
• Karrieremöglichkeiten
• Kleidungszwang
• Kollegen
• Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen
• Nachhaltigkeit der Firma
• Reisetätigkeit
• Tätigkeiten
• Urlaub
• Vorgesetzte und Hierarchie
• Weiterbildungsmöglichkeiten
• Wert im Lebenslauf
• Wertschätzung der Mitarbeiter
• Zukunftssicherheit und Rente
• Zusatzleistungen
Mich interessiert sehr, ob Euch dieser Artikel hilft und mich interessieren auch Eure Kriterien für wichtige Entscheidungen. Gerne in die Kommentare damit oder - wenn Euch das nicht privat genug ist - gerne per Mail an
dirk@deimeke.net.