Es ist so, das viele Bekannte neidisch sind und mich mit einem "Ja, ja, arbeiten da, wo andere Urlaub machen." bedenken. Dem kann ich nur mit einem müden Schmunzeln begegnen.
Hier vielleicht einmal eine kleine ironische Bestandsaufnahme, vorher gegen nachher.
Deutschland, alter Arbeitgeber:
- 38-Stunden-Woche
- Meetings grundsätzlich eine Stunde oder länger, Kaffee und Kekse, niemand ist vorbereitet, Labermeetings
- 30 Tage Urlaub
- 30 Minuten Frühstückspause haben wir schon immer gemacht, bekomme ich die nicht, gehe ich früher nach Hause
- ein- und aus stempeln
- 14,5 Feiertage (hoffentlich habe ich keinen vergessen): Neujahr, Weiberfastnacht (0.5), Rosenmontag, Karfreitag, Ostermontag, Maifeiertag, Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag, Fronleichnam, Tag der deutschen Einheit, Allerheiligen, Heiligabend, 1. Weihnachtstag, 2. Weihnachtstag, Silvester (ja in diesem Tag liegen die Feiertage doof)
- Bereitschaft, 1 Stunde inklusive, 60 Minuten Reaktionszeit
- Deutsches Umfeld, Firmensprache ist Deutsch
Schweiz, neue Arbeitgeberin:
- 42-Stunden-Woche
- Meetings grundsätzlich 30 Minuten, in Ausnahmefällen auch länger, kein Kaffee, keine Kekse, alle sind vorbereitet, länger laufende Diskussionen werden ausserhalb des Meetings geführt und die Teilnehmer über das Resultat informiert
- 25 Tage Urlaub
- 15 Minuten Frühstückspause, 15 Minuten Kaffeepause, wenn die Zeit es zulässt
- Zeiterfassung manuell in ein Host-System
- 12 Feiertage: Neujahr, Berchtoldstag, Karfreitag, Ostermontag, Sechseläuten, Tag der Arbeit, Auffahrt, Pfingstmontag, Nationalfeiertag, Heiligabend (50%), Weihnachtstag, Stephanstag, Silvester (50%)
- Pikett, Zeit läuft ab Anruf, 30 Minuten Reaktionszeit
- Internationales Umfeld, Firmensprache ist Englisch
"Arbeiten da, wo andere Urlaub machen", ja, ich bekomme etwas mehr Geld, aber - wie auch in Deutschland - habe ich von meinem Umfeld unter der Woche nichts. Am Wochenende fahren wir - wie auch in Deutschland - raus.
Das Jahr hat 365 Tage, 104 Tage Wochenende, 25/30 Tage Urlaub gehen ab, 14.5/12 Feiertage (ich nehme mal an, dass die alle auf Wochentage falllen) gehen noch herunter.
Das macht für Deutschland 216.5 Arbeitstage oder 1645.4 Arbeitsstunden, für die Schweiz sind es 224 Arbeitstage oder 1881.6 Arbeitsstunden, das sind knapp eineinhalb Monate zusätzlich oder 14% mehr.
Und trotzdem ist es besser hier. Es gibt wesentlich mehr Möglichkeiten, der Staat behandelt mich wie einen mündigen Bürger (was auch bedeutet, dass es nicht so viele Hilfen vom Staat gibt), es bleibt mehr vom Gehalt übrig (ok, die Preise sind zum Teil auch deutlich höher), Vorgesetzte sind in der Lage, "Danke" und "Bitte" zu sagen, ich fühle mich ernst genommen und wertgeschätzt, die generelle Arbeitseinstellung (Stichwort: Montag Vormittag oder Freitag Nachmittag oder "nach acht Stunden fällt der Hammer) ist eine andere und dadurch ist es produktiver hier.
Ich weiss, dass das ganze sehr eindimensional und vor allem auch sehr subjektiv geschrieben ist, daher bin ich auf Eure Kommentare gespannt.