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Leistungsschutzrecht ...

Habe den offenen Brief via Ute gefunden und muss den auch in meinem Blog haben.

Crosspost mit freundlicher Genehmigung des „Magazins für elektronische Lebensaspekte“, De:bug, Ausgabe 148, Creative Commons: CC-BY

Martin Oetting möchte den Text von Mario Sixtus als Anzeige schalten und ruft zu einer Spendenaktion auf.

Mario Sixtus: Verlegerforderung Leistungsschutzrecht: Ja, habt ihr denn überhaupt keinen Stolz?
Liebe Verleger,

das tut jetzt vielleicht ein wenig weh, aber einer muss es mal deutlich sagen: Euch hat niemand gerufen! Niemand hat gesagt: “Mein Internet ist so leer, kann da nicht mal jemand Zeitungstexte oder so was reinkippen?“ Ihr seid freiwillig gekommen, und ihr habt eure Verlagstexte freiwillig ins Web gestellt. Zu Hauf. Und kostenlos. Ihr nehmt keinen Eintritt für die Besichtigung eurer Hyperlink-freien Wörterwüsten, weil ihr genau wisst, dass niemand dafür Geld ausgeben würde. Ihr habt seriöse und un- seriöse SEO-Fritzen mit Geld beworfen, damit Google eure Seiten besonders lieb hat. Ihr seid ohne Einladung auf diese Party gekommen. Das ist okay, ihr könnt gerne ein wenig mitfeiern. Prost! Aber wisst ihr, was gar nicht geht? Dass ihr jetzt von den anderen Gästen hier Geld kassieren wollt. Sogar per Gesetz. Verleger: geht’s noch?

Bitte unterbrecht mich, falls ich etwas falsch verstanden habe mit diesem “Leistungsschutzrecht“, was gut sein kann, denn logisch ist das alles bestimmt nicht. Ihr wollt eine Art Steuer kassieren für all die Arbeit, die es bereitet, Texte online zu publizieren. Das ist die Leistung, die geschützt und bezahlt werden soll. Nicht etwa die Texte selbst sind es, für die ihr honoriert werden wollt, sondern das Zusammentragen und online stellen. Richtig? Wo und wie dieses Geld eingesammelt werden soll, ist zwar noch nicht ganz klar, aber immerhin habt ihr da schon ein paar Ideen. Vielleicht aber könnte man dazu auch Wahnvorstellung sagen. Einer dieser Einfälle, der ein wenig nach Megalomanie, Irrwitz und gekränktem Narzissmus schmeckt, lautet: News-Aggregatoren sollen zahlen. Also Angebote wie Google News. Dafür, dass sie diese Textschnipselchen anzeigen, die als Hyperlinks dienen, die zu euren Verlagsangeboten führen. Google spült euch die Hälfte eurer Besucher auf die Seiten und jetzt sollen sie dafür bezahlen? Das ist in etwa so, als würde ein Restaurantbesitzer Geld von den Taxifahrern verlangen, die ihnen Gäste bringen.

Dann ist da noch die Idee, gewerbliche Computernutzer zur Kasse zu bitten. Pauschal und auf Verdacht. Denn sie könnten ja irgendwie davon profitieren, dass ihr umgeklöppelte Agenturmeldungen, Oktoberfest-Bilderklickstrecken und überlaufende Inhalte eures Print-Redaktionssystems ins Web pumpt. Eine Verleger-GEZ wollt Ihr euch zusammenlobbyieren. Einerseits. Auf der anderen Seite droht ihr mit rituellem Selbstmord, wenn die gebührenfinanzierte Tagesschau eine iPhone-App bereitstellt. Wie geht das zusammen? Die Öffentlich-Rechtlichen sind aufgrund ihrer Gebührenfinanzierung eure erklärten Todfeinde, andererseits wollt ihr euch in gebührenfinanzierte Verleger verwandeln? Ja habt Ihr denn überhaupt keinen Stolz?

Die Gewerkschaften habt ihr schon auf eurer Seite. Das ist kein Wunder. Gewerkschaften sind in etwa so fortschrittsfreudig wie die Taliban. Hätte es sie damals schon gegeben, wären sie sicherlich auch gegen die Einführung des Buchdrucks gewesen, da er schließlich zu Arbeits- platzabbau in den klösterlichen Schreibstuben führt. Und die schwarz-gelbe Regierung hat ein wie auch immer geartetes Leistungsschutzrecht sogar schon in ihren Koalitionsvertrag geschrieben. Das ist ebenfalls kein Wunder, schließlich hat sich die politische Elite mit der alten Medien-Oligarchie prima arrangiert. Man kennt sich und weiß sich zu nehmen.

Der CTRL-Verlust-Blogger Michael Seemann hat den hübschen Begriff “Leistungsschutzgeld“ erfunden. Eigentlich wollt ihr auch ein “Leitungsschutzgeld“: Wer beruflich eine Internet-Leitung hat, soll zahlen, zu eurem Artenschutz. Wisst ihr was, Verleger? Haut doch einfach ab aus dem Web, wenn es euch hier nicht gefällt. Nehmt eure Texte mit und druckt sie auf Papier oder schickt sie meinetwegen per Fax weg. Denn: Euch hat niemand gerufen.

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Kommentare

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Tobias am :

*Hi Dirk,
super Post :-) Aber mich würde einmal interessieren, wie du es jetzt siehst, wo du ja nun (erfolgreicher) Autor bist.

Auch mal weg von der CC, wie es mit "unerlaubten Kopien" aussieht und ob du dir darüber Gedanken machst.

Wäre echt super mal einen Blogpost / Audiobeitrag zu diesem Thema von einem vernünftigen Menschen zu erleben - vor allemder beide Seiten kennt :-)

Gruß
-Tobi

Dirk Deimeke am :

*:-) Vielen Dank für das Attribut "vernünftig".

Ich bin mit meiner Meinung sicherlich nicht repräsentativ, da ich das Buch für "Ruhm und Ehre" geschrieben habe und nicht um Geld zu verdienen. Am liebsten wäre es mir auch, wenn es das Buch als Openbook gäbe. Das ist aber noch nicht geplant. Im Verlag arbeiten schliesslich Leute, die vom Bücherverkauf leben müssen.

Im Grossen und Ganzen ist es leider so, dass der Künstler / Autor den geringsten Teil an seinen Werken bekommt, obwohl er meiner Meinung nach den grössten Teil verdient.

Allerdings darf man auch nicht vergessen, dass die Produktion eines Buches, das man in die Hand nehmen kann auch losgelöst von Lohnkosten, reales Geld kostet. Das fängt bei Papier und Farbe an, geht über die Druck- und andere Maschinen über Verpackung und Transportkosten bis hin zu Werbung und Vermarktung. Aber, neben der ganzen Hardware, die dafür angeschafft werden muss, gibt es auch neben den Autoren eine Reihe an Menschen, die an einem Buch beteiligt sind. Wir hatten etwa drei Durchläufe bei der Korrektorin, genauso viele beim fachlichen Lektor und beim Hersteller und die müssen auch von etwas leben.

In der virtuellen Welt sind die Hardware-Kosten zwar kleiner (aber immer noch vorhanden), Lohnkosten gibt es auch immer noch.

Und jetzt kommt die eigentliche Frage, braucht ein Autor die ganze Infrastruktur und Erfahrung (!) oder kann er das im Alleingang durchziehen? Schwierig ...

Marcus Radisch am :

*Hallo zusammen,

ähhm ja genau!

Viele Grüße
Marcus Radisch

Adam am :

*Ich bin zwar kein Schriftsteller, möchte dennoch etwas in Analogie zur Galerieszene dazu schreiben.

Den Begriff Autor werde ich untenstehend im ursprünglichem Sinne verwenden.

Vor 15 Jahren verlangten Galerien 30% vom Verkaufswert der Werke von den Künstlern, dann haben die großen Galerien angefangen 50% zu verlangen (als Argumentation, hauptsächlich wegen den Kontakten, sprich Renommee). Ob das zu viel ist, oder nicht sei jetzt einmal dahingestellt, analog zum letzten Absatz vom Dirk.
Es hat nicht lange gedauert, bis es sich bei kleineren Galerien und sogar Privat die "üblichen" 50% abverlangt wurden.
An dem Punkt kann man zu recht die Frage stellen, was man dafür aus sicht der Autoren bekommt. Aufwand, Leistung und Kontakte (die Autoren haben auch welche, selbst dann, wenn sie nicht bekannt sind, denn allein durch ihr Gebiet und Können und ihr Werk, also Legitimation in dem Fall, sprechen/ziehen sie schon Leute an, uneigennützig nimmt man sie ja nicht), Werbung, in gegenseitiger Relation wären da abzuwegen. De facto ist es aber nicht so, obwohl prinzipiell möglich. Da alle es so handhaben kann man sich dagegen in den vorgegebenen Rahmen schwer wehren, es wurde eine Angebot-Nachfrage Situation erschaffen.

Ein Ansatz dagegen bieten sogenannte Offspaces. Hierbei handelt es sich um unvermietete Räume, oder selbstorganisierende Gruppen, die Rahmen für Ausstellungen bieten.
Wie so oft gibt es da fliessende Übergänge, ich möchte aber an dieser Stelle nicht zu sehr ins Detail gehen. Jedenfalls gibt es Künstler die es dann "geschafft" haben und die kommerzielle Weise ihr Werk anzubieten bewusst verfolgen können.
Wenn die Offspaces jetzt auch noch etwas verlangen würden wäre das auch im kommerziellem Sinne ziemlich kontraproduktiv, da sie dann nur noch als schlechte Galerien da stehen und keinerlei Referenzen mehr für sich, oder den Künstlern erarbeiten können, was ihre hauptsächliche Stärke ist (alles bezogen auf eine Verwertung im Sinne von Kommerz).

Ich denke im übrigen sehr wohl, dass die Autoren die Möglichkeiten haben ihre Talente zusammenzuschließen. Das ganze scheitert an der Ellbogenstrategie, den jeder in einer vermeintlichen Konkurrenz verfolgt. Wenn man es nicht glaubt, so möge man kurz in die eigene Vergangenheit blicken und ausgefochtene Kämpfe nochmals nach ihren effektiven Nutzen bewerten ;-)

Ansonsten finde ich die heutigen europäischen Gewerkschaften auch nicht mehr sonderlich toll, Betonung auf mehr, denn das war nicht immer so und ohne sie würden die meisten von uns noch, wie Mitte des 19. Jahrhunderts leben und verdienen (das steht allerdings fest).
Die Maschinenstürmer waren keine Gewerkschaftler, sondern hauptsächlich Handwerker, die zu Arbeiter wurden, oder davon bedroht waren.
Das war bis auf wenige Ausnahmen keine so tolle Zeit für die Menschen (ja auch die gibt es noch, nicht nur die Wirtschaft).

Also keine Pauschalisierungen, bitte, das macht viele gute Absichten unglaubwürdig, weil geschickte Polemiker nur auf so etwas warten, um die zustimmenden Meinungen zu zerreißen.

LG

Adam

Dirk Deimeke am :

*Danke für Deinen ausführlichen Kommentar.

Bei den Verlegern, die im Leistungsschutzrecht bedacht werden sollen, geht es vor allem darum, dass sie sich eine Leistung finanzieren lassen wollen, die sie freiwillig und ohne Zwang erbringen.

Dafür, dass ihre Angebote findbar sind, sollen die Suchmaschinen Geld bezahlen, das ist eine verkehrte Welt, oder nicht?

Adam am :

*Korrektur des obigen Satzes aus dem Vorletztem Abschnitt:

Die Maschinenstürmer waren keine Gewerkschaftler, sondern hauptsächlich Handwerker, die zu Arbeiter wurden, oder davon bedroht waren, welche zu werden.

Adam am :

*Ja, das ist eindeutig verkehrt, auf jeden Fall unnrealistisch, obwohl der Gedanke von Suchmaschinen Geld zu verlangen einen Gewissen Reiz ausübt ;-) .

Zu der Situation wollte ich als Analogie die Offspaces anführen, weil auf dem Gebiet auch Überlegungen zur Finanzierung gab und sie auf freiwilligem Basis passieren.
Was ich da an zusätzliche Idee zu erwähnen vergaß um Parallelen zu verdeutlichen, ist noch folgende:
Eintrittsgeld (für die Vernissage, die Idee kommt immer wieder)

Konkret habe ich miterlebt, dass einer, der ein Raum zur Verfügung stellte, Geld für Eintritt kassieren wollte, mit der Begründung, dass er etwas für die Öffentlichkeit tue, daher soll die Öffentlichkeit, auch etwas geben. In wirklichkeit ging es um um die Anschaffung eines neuen Ofen für die (immer noch eigenen) Räume.

Dies ist hauptsächlich die Logik, die hinter der Ursprungsproblematik steckt.

Daher erwähnte ich die Möglichkeit, beispielsweise das freiwillige Engagement in einem guten Ruf umzumünzen, den man dann sehr wohl gut verkaufen kann.
Eine andere Möglichkeit ist es neue Ansätze im Web auszutesten und bei Erfolg später im Mainstream zu integrieren.
Alles natürlich etwas riskant, aber das kann sich letztendlich dann selbst finanzieren, betrachte man dies als Investition.
Geschweige Werbeeinnahmen, wenn alles gut geht.
Desweiteren kann ich mir vorstellen, dass dieses Leistungsschutzrecht, im Falle unausgewogener Stärkeverhältnisse zur Ungunsten der Autorenrechte ausgelegt werden kann, z.B. bei der Veröffentlichung eines Zitates. Wessen Rechte werden dann bei unerlaubten Verwendung verletzt, wie wird das ausgelegt?

Dirk Deimeke am :

*Gute Fragen!

Ich habe auch eine: Was macht man in "normalen Firmen" mit Geschäftsbereichen, die keinen Gewinn erwirtschaften? (Ausgenommen davon sind interne Abteilungen, wie Buchhaltung und Marketing besipielsweise).

Adam am :

*Wenn man sie auch sonst nicht mehr braucht und kein Gewinn entsteht...
wird umstrukturiert um es mal galant zu formulieren.

Wäre auch nicht so schlecht in dem Fall, könnte u.a. die Qualität der öffentlich-rechtlichen Medien fördern, da sie nicht mehr so viel Konkurrenz aus dem Bereich "das wollen die Menschen lesen und wir geben ihnen das" hätten.

Dirk Deimeke am :

*Na, die Vorgehensweise ist ja eher: Wir gehen ins Internet, weil da alle sind und jetzt lassen wir per Gesetz durchdrücken, dass wir auch Geld verdienen.

Adam am :

*Mit Umstrukturierung habe ich etwas in die Richtung gemeint, wie Umstrukturierung der Arbeitsplätze weg vom Internet...

Die Vorgehensweise ist klar, erinnert mich entfernt an die Banksubventionen, nach dem Motto: Schauen wir mal, ob da etwas herauszuholen ist, da es privatwirtschaflich schiefgelaufen ist. Ohne uns geht es ja schließlich nicht!

Bin schon gespannt, wann das Argument "Unterstützung der Pressefreiheit" kommt, oder ist es schon soweit?

Adam am :

*Wenn das alles durchgeht und aus dem Blog vernünftigerweise ein Verlag gemacht wird, wäre ich gerne dabei ;-) . Schließlich muss man mit der Zeit gehen! Apropos:


Ich wünsche Euch ein Frohes Neues Jahr!

Dirk Deimeke am :

*Aus meinem Blog ein Verlag? :-) Du überschätzt mich ...

Wünsche Dir ebenfalls ein gutes und gesundes neues Jahr!

günstige brautkleider online am :

*Brautgeschäft an stelle (von) Brautkleider maßgearbeitet. Hochzeitskleider unabhängig geschneidert. Davon müssten ein paar (umgangssprachlich) Brautkleid durch guten Qualitäten Ihnen gedeihlich lieben.

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