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Wir nennen es Arbeit (1) ...

Interessanterweise habe ich das Buch gekauft, weil ich Sascha Lobo in kurzer Folge in zwei Talkshows im Fernsehen sah. Ich war damals überrascht, dass dort jemand meine Meinung vertritt und das nicht durch Parolen erledigt, sondern durch fundiertes Wissen.

Aus diesem Grund habe ich zwei Bücher von ihm mit in den Urlaub genommen und erhoffe mir viel von der Lektüre.

Es beginnt mit "Wir nennen es Arbeit" ... mit dem Untertitel "Die digitale Bohème oder Intelligentes Leben jenseits der Festanstellung" lasse ich mich und meine Arbeit gerne hinterfragen. Ich glaube nicht, dass ich dazu gehöre, fühle mich ihr aber verbunden und stehe ihr sehr nahe.
Als Fluchtpunkt und Projektionsfläche reicht ihr Einfluss bis weit in das Lager der Angestelltenkultur hinein. Mental stehen viele, die äusserlich noch einer geregelten Erwerbstätigkeit nachgehen, schon halb auf der anderen Seite, innerlich bereit, bei nächster sich bietender Gelegenheit die Lager zu wechseln.

Da fühle ich mich ertappt, warum wird sich in den nächsten Zitaten zeigen.

Zu meiner Aussage bezüglich Telearbeit, die meisten Arbeitgeber mieten einen Hintern und nicht den Kopf, findet sich in einem anderen Zusammenhang das folgende Zitat:
Aber was ist die vertraglich festgesetzte Arbeitszeit eigentlich für ein merkwürdiges Surrogat, wenn es den Arbeitgebern doch eigentlich darum gehen sollte, bestimmte Arbeitsleistungen einzukaufen? Wie kann man in der Wissensgesellschaft noch davon ausgehen, dass der Output des Arbeitnehmers im proportionalen Verhältnis zu der Zeit steht, die er in der Firma vor seinem Rechner absitzen muss?

Vermutlich ist es so, dass die meisten Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit sowieso nicht ausschliesslich der Arbeit widmen. Da verschmilzt Privat- und Berufsleben. Mich würde einmal interessieren, wie viel Prozent der Anwesenheitszeit tatsächlich der lohnbringenden Arbeit dienen. Schätzungen nehme ich gerne an. Ich persönlich glaube nicht, dass der Anteil nicht weit über 75% ist.

Ich bin lange nicht mit allem, was in dem Buch zu finden ist, einverstanden, aber ich mag es, mich von den anderen Meinungen, in Frage stellen zu lassen.
Einer der gravierenden Einwände ist, dass uns materieller Wohlstand allein auf Dauer nicht glücklich macht. Das sagen nicht nur Hippies und Punks, sondern neuerdings uch Ökonomen. Richard Layard ist Professor Eremitus der London School of Economics, zudem britischer Lord und als solcher einer platten Kapitalismuskritik relativ unverdächtig. Dennoch unternimmt er in seinem Buch Die glückliche Gesellschaft den Versuch, die Engstirnigkeit der Volkswirte zu knacken, die gesellschaftliches Glück oft genug mit materiellem Wohlstand gleichgesetzt haben.

Was sich wie eine platte Grundwahrheit anhört, ist sehr schwierig umzusetzen. Schliesslich sind wir mit den Werten und Vorstellungen unserer Eltern aufgewachsen, die sich in einigen Punkten elementar von unseren unterscheiden und die, aufgrund schwieriger wirschaftlicher Verhältnisse in der Kindheit unserer Eltern sich ganz anders entwickelt haben als unsere.
Nicht in der Hängematte, beim Schokoladeessen oder beim Liebesakt fühlt sich der Mensch am wohlsten, sondern beim arbeiten. Wobei es nicht um das entfremdete, zerfaserte, stressverseuchte Arbeiten des Durchschnittsanfestellten geht, sondern um dessen Gegenteil, den Flow. So nennt Csikszentmihalyi das Versenken ins eigene Tun, die Momente, in denen Konzentration, Geschick und Begeisterung in eins fliessen. In diesen stillen Höhepunkten der Vermschmelzung eines Menschen mit seiner Tätigkeit verliert man das Gefühl für Zeit und Ort, ja für sich selbst. [...] Meine Definition von Arbeit lautet nun, einen originellen Beitrag zur Welt zu liefern und dabei nicht zu verhungern. [...] Die grösste Gefahr sieht Graham darin, durch fremdbestimmte Anreize wie Geld oder Prestige aus der Bahn geworfen zu werden. So seien insbesondere die wohlmeinenden Ratschläge der Eltern mit Vorsicht zu geniessen; ihr Sicherheitsbedürfnis und ihr Streben nach Renommee muss nicht das eigene sein.

Wobei ich zugestehen muss, dass ich nicht über meinen Schatten springen kann und die (vermeintliche) Sicherheit für eine Basis halte, auf der ich andere Aktivitäten aufbauen kann. Ich habe viele Entscheidungen nicht oder nur halbherzig getroffen, weil der Sicherheitsaspekt nicht erfüllt wurde. Vielleicht hat das auch mit der Verantwortung zu tun, die ich für Silvia, die Hunde und mich trage. Dazu kommt, dass mir die soziale Absicherung wichtig ist, mir ist das Schreckensbild eines verarmten Rentners vor Augen, der zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel hat. Das ist nicht mein angestrebtes Ziel. Silvia und ich haben zwar nicht die Absicht, Geld auf einem Haufen zu sammeln, soziale Absicherung wollen wir aber dennoch gerne haben.

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